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Persönliche Erinnerungen Frauenfußball in der DDR – Leipzig und Dresden
Die Frauen und Mädchen, die sich Ende der 1960er Jahre in 15 DDR-Bezirken dafür entschieden, Frauenfußball zu spielen, waren sportlich, hoch motiviert und im Alter zwischen 13 und 43 Jahren. Sie übten entweder schon eine andere Ballsportart, wie z. B. Handball, aus oder waren in ihren Leichtathletiksektionen erstmals mit Fußball in Berührung gekommen und waren der Faszination gefolgt.

Bezirk Leipzig
In Leipzig und Dresden, wo Frauen wie Waltraud Horn oder Sabine Seidel als erste mit dem Fußballspielen begannen, erhielten sie zumeist über ihre Familien die Chance dazu. In Leipzig fragte im November 1968 Waltraud Horn bei der BSG Chemie Leipzig an, ob es möglich sei, eine Frauenfußballmannschaft zu gründen. Da die Rückmeldung der BSG-Leitung positiv war, dauerte es nur bis zum Februar 1969, ehe der Trainingsbetrieb aufgenommen werden konnte. Am Anfang kamen dafür nur drei Damen zusammen, doch schon bis August steigerte sich die Anzahl auf 18 Spielerinnen. Das Training fand immer sonntags statt und wurde von Horns Vater geleitet. Am 20. September 1969 absolvierten sie ihre ersten Spiele bei einem Dreierturnier in der Elbmetropole Dresden, wo sie hinter der BSG Empor Dresden-Mitte und vor der BSG Pentacon den zweiten Platz belegten. Die Dresdnerinnen waren den Messestädterinnen ein kleines Stückchen voraus, obwohl sich Waltraud Horn bereits ein Jahr vorher auf die Suche nach Förderern des Frauenfußballs begeben hatte. Ein Brief von Helmut Oehmichen aus Dresden vom Juli 1968 an Horn belegte eindrucksvoll die Anfänge des sich entwickelnden Frauenfußball zwischen der Messestadt und der Elbmetropole. Oehmichen hatte damit auf ein Schreiben Horns geantwortet, in dem sie ihm die Aktivitäten der Fußballfrauen geschildert hatte. In seinem Brief bestätigte der Dresdner, dass die Presse vor Ort eher träge auf die spielerischen Aktivitäten der Frauen reagierte. Außerdem wollte er mit einem Vorspiel seiner Damen vor einem Männerpunktspiel noch warten, bis das spielerische Niveau etwas besser sei. Auf die Initiative Horns zu einer Nationalmannschaft oder einer Fußballerin des Jahres gab er ihr den Rat, sie solle auf dem Boden der Realität bleiben.

Horn war es auch, die schon im November 1967 einen Brief an den Fußballverband der DDR geschrieben hatte. Dieser wurde zwar aufgenommen, wirkte aber doch eher als Störung der Männerdomäne. Nach den ersten zaghaften Schritten ging es Stück für Stück weiter, wie die 62-Jährige im Interview berichtete: ich habe damals bei Lok gearbeitet auf dem Sportplatz. Das ging ja überhaupt nicht, weil das Leistungssport war, und Frauenfußball war ja nur Amateursport. Da war kein Weg. Da habe ich dann bei Polygraph-Ost angefragt, die haben ja Kreisklasse gespielt, die erste Männermannschaft. Aber da war gar kein Geld da. Aber bei Chemie, die hatten zwar auch kein Geld groß, wir haben uns ja alles selber zugelegt, die ganze Spielkleidung alles und auch die Fahrten, die wir gemacht haben, alles aus dem eigenen Portemonnaie. Wo wir uns ein bisschen schon gefestigt hatten, da haben wir auch mal einen Trainingsanzug bekommen von der BSG, das war eine tolle Sache. Aber sonst mussten wir uns alles selber finanzieren.

Der Fakt, dass der Frauenfußball in der DDR zumindest zu Beginn im Gegensatz zum hochbezahlten bzw. subventionierten Männerfußball völlig eigenfinanziert war, bestimmte ihn lange Zeit, von der Organisation bis zur öffentlichen Wahrnehmung. Zudem ist die Selbstfinanzierung der Trainingsmaterialien und der Freundschaftsspiele, allenfalls unterstützt von einer Förderung durch den Betrieb, ein weiteres starkes Indiz dafür, dass der DDR-Frauenfußball eine Bewegung von unten war und es sich nicht um eine von oben initiierte und gelenkte Sportaktivität handelte.

Nachdem Horns Vater die Trainertätigkeit später aus Altersgründen einstellen musste, wechselten die Übungsleiter zunächst eine Zeitlang, bis schließlich ein Sportstudent von der DHFK aus Zwickau das Heft in die Hand nahm: der kam von Motor Zwickau, der war dort in der zweiten Mannschaft Torwart. Der hat uns ganz schön gestriezt. Das war Anfang der 1970er Jahre, aber genau weiß ich das auch nicht mehr. Da haben wir dann hinten beim Cottaweg trainiert, wo die Kleinmesse jetzt ist, am Zentralstadion fließt da der Fluss und auf der anderen Seite vom Fluss, da war ein Sportplatz und da haben wir trainiert, das war hart. Wir sind von da hinten vorgelaufen über die Brücke ins große Stadion rein und dann haben wir dort Traversentraining gemacht. Aber es hat ja geholfen. Wir haben dann immer hohe Siege eingefahren. So 15:0, 11:0. Es war schon eine tolle Zeit.

Aber auch von Rückschlägen aus der Anfangszeit berichtete Horn, wenn etwa Angehörige von Spielerinnen – entweder ihre Ehemänner oder ihre Eltern – gegen deren Teilnahme am Spielbetrieb Einspruch erhoben: Wir hatten auch eine Spielerin, die durfte von ihren Eltern aus nicht und wenn dann Trainingszeit war, ist die zu Hause durchs Fenster geklettert, damit die Eltern das nicht merken, ist dann zum Training gekommen. Wir wollten alle spielen und es war uns egal, ob wir etwas bezahlen mussten oder nicht. Wir waren alle bei der Sache.

Horn selbst hatte Glück, da ihr Vater sie unterstützte. Aber auch die BSG-Leitung erlaubte den Chemie-Damen nach kurzer Zeit, zweimal wöchentlich nach der Arbeit auf ihrem Platz zu trainieren. Aufgrund von Horns Tätigkeit als Gärtnerin für die Reichsbahn im Bruno-Plache-Stadion hatte sie ständigen Kontakt zu den Lok-Spielern, die sich auch immer erkundigten, wie die Damenmannschaft gespielt hatte. Wie die Aufzeichnungen von Horn belegen, waren die Chemie-Spielerinnen in den Folgejahren sogar für ein Vorspiel zum FDGB-Pokal-Viertelfinale der Männer zwischen den Leipzigerinnern und einer Stadtauswahl aus Dresden am 7. März 1970 in Dresden vorgesehen. Doch das Spiel fiel ohne feststellbaren Grund aus. Seit dem ersten Turnier im Jahr 1969 traten die Chemie-Spielerinnen bis Dezember 1971 in insgesamt 24 Spielen an.

Dabei verfolgten sie die – offenbar erfolgreiche – Strategie, ihre Heimspiele nicht an ihrer eigenen Spielstätte auszuführen. Sie spielten in Coschwitz und in Zeitz gegen die BSG Empor Possendorf – vor 4.000 Zuschauern – und schlugen die BSG Empor Dresden-Mitte in Brand-Erbisdorf vor 2.000 Zuschauern. Ab 1971 folgte der Aufbau einer Bezirkspunktspielrunde, an der zu Beginn nur die Mannschaften von den BSGs Chemie Leipzig, Leipzig Nordost und LVB Leipzig teilnahmen. Bis 1986 wurde die von Waltraud Horn und ihrem Vater gegründete Frauenfußballmannschaft von der BSG Chemie Leipzig jährlich Bezirksmeister. Die erste strukturelle – oder vielmehr institutionelle – Erwähnung des Leipziger Frauenfußballs auf Bezirksebene wurde in der heutigen Online-Chronik des Leipziger Fußballverbandes auf das Jahr 1977 festgelegt. Seit dieser Zeit führte man die Bezirksbestenermittlung in Turnierform durch und den Bezirkspokal vom DFD.

Bezirk Dresden
Die Fußballgeschichte von Sabine Seidel verlief ähnlich wie die von Waltraud Horn. Für die gebürtige Dresdnerin deutete zunächst alles auf eine Leistungssportkarierre hin. Zur Kindergartenzeit turnte Seidel, wechselte dann aber relativ schnell zur Leichtathletik, die sie noch bis zum Alter von 16 Jahren parallel zum Fußball ausübte. Schon mit 13 Jahren kam sie über ihre Mutter zum Fußball nach Rossendorf, als diese eine Annonce in der Zeitung entdeckte, dass Spielerinnen gesucht würden. Unter dem Bulgaren Wladimir Zwetkov trainierte Seidel von da an bei der BSG des Zentralinstituts für Kernforschung in Rossendorf am Rande von Dresden: Mädchenfußball gab es ja nicht, und da gab es so einen Aufruf für eine Damenmannschaft damals. Da waren Handballer dabei, Studenten, alles, aber das war richtig. War einfach, primitiv heutzutage mit Hartplatz und alles so, aber es war eben irgendwie schön.

Im Alter von 13 bis 16 Jahren trainierte sie sogar vier- bis fünfmal in der Woche, am Wochenende gab es hin und wieder ein Spiel. Nach ein paar Jahren wechselte Seidel zur BSG Motor Bautzen und wurde dort während eines Spiels gegen die BSG Turbine Potsdam frühzeitig von deren Trainer Bernd Schröder entdeckt. Es dauerte jedoch einige weitere Jahre, ehe Seidel nach Potsdam wechselte, da sie zunächst zur See fuhr und dort eine zweijährige Ausbildung bei der Handelsmarine machte. Nach dem Ende der Ausbildung – mittlerweile gab es die DDR-Bestenermittlung – ging Seidel von Rostock nach Potsdam, um bei der BSG von Bernd Schröder eine der stärksten Spielerinnen in der DDR zu werden.

Für die Fußballerin Seidel stand in den Anfangsjahren bis zum Wechsel zur BSG Turbine Potsdam, aber auch danach, sportlich nur eines im Vordergrund: Ich hatte Spaß am Spielen. Viel war ja früher noch so, dass man Werbespiele gemacht hat auch. Und dann sind wir immer auf die Dorffeste gefahren. Also das war richtig schön. Abends Sportlerball und in Scheunen schlafen und wir hatten echt Spaß. Gut, ich hätte gerne auch Nationalmannschaft gespielt oder hätte das gehabt von heute. Aber es ist auch relativ viel Stress. Und ich weiß auch, die Verletzungen sind jetzt auch schon viel früher. Ob man dann so lange gespielt hätte? Oder wenn man zu viel Fußball hat von klein auf, ob man dann noch mit dem Spaß und der Freude dabei ist, wie wir es vielleicht waren?

In der Stadt und im Bezirk Dresden gründeten sich ab 1969 viele Frauenfußball- BSGs. Neben den bereits erwähnten Mannschaften in und um Dresden gab es auch im Umland, von der Sächsischen Schweiz bis Görlitz, Fußballfrauen, die den Sport vom Klein- aufs Großfeld ins Rollen brachten.

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