Du willst Jugendfußballtrainer werden, oder?
Niemand wird über Nacht zum großartigen Trainer. Aber wer bereit ist zuzuhören, zu lernen und sich ehrlich für Kinder zu interessieren, hat schon den wichtigsten Schritt gemacht.
Guter Fußballunterricht für Kinder ist viel mehr als Übungen, Pylonen und Trillerpfeifen. Es bedeutet, eine Umgebung zu schaffen, in der Kinder sich sicher fühlen, Spaß haben, lernen dürfen – und dabei den Fußball wirklich lieben lernen. Klingt viel? Ja. Ist es auch. Aber keine Sorge: Es geht nicht darum, alles auf einmal zu meistern. Es geht darum, Schritt für Schritt zu wachsen – genau wie die Kinder auf deinem Platz.
Regel Nr. 1: Mach’s spielerisch!
Kinder kommen zum Fußball, weil sie spielen wollen. Sie wollen rennen, schießen, jubeln, verlieren, lachen – und es gleich noch einmal versuchen.
Der größte Fehler, den viele neue Coaches machen? Sie überfrachten ihre Trainings mit Technikübungen und „taktischem“ Gerede. Aber Kinder lernen anders. Sie lernen durch Erleben. Durch Ausprobieren. Durch Spiel.
Wenn du willst, dass sie den Fußball verstehen – dann sorge erst einmal dafür, dass sie ihn lieben.
Das erreichst du mit Trainings, die wie das Spiel selbst aufgebaut sind: kleine Spiele mit Gegenspielern, Toren, Raum und Bewegung. Lass sie Fehler machen. Lass sie Lösungen finden. Das ist nicht nur effizient – es ist das Geheimnis von echter Fußballfreude.
Sieh das Kind – nicht nur den Spieler
Jedes Kind auf deinem Platz ist anders. Manche sind mutig, manche schüchtern. Manche brauchen Struktur, andere Freiheit. Manche sind stark am Ball – andere noch ganz am Anfang. Ein guter Coach nimmt sich Zeit. Er lernt seine Spieler:innen wirklich kennen.
Frage dich bei jedem Training: Was braucht dieses Kind heute? Wie kann ich es fordern, ohne zu überfordern? Und was bedeutet „Erfolg“ für dieses eine Kind – nicht für die Tabelle? Wenn du aufhörst, in „Teamleistung“ zu denken und stattdessen individuelle Entwicklung in den Fokus rückst, passiert Magisches: Kinder wachsen. Nicht nur als Spieler – sondern als Menschen.
Weniger Kontrolle, mehr Vertrauen
Es ist okay, wenn du nicht jede Sekunde im Griff hast. Fußball ist ein Spiel – kein Programm. Lass Kinder spielen. Lass sie lernen, indem sie Fehler machen.
Erinnere dich daran, wie du selbst gelernt hast, Fahrrad zu fahren. Niemand hat dir jeden Tritt vorgegeben. Du bist einfach losgefahren – und irgendwann gefallen. Dann nochmal. Und irgendwann konntest du’s. Genau so ist es mit Fußball. Gib den Kindern Raum. Trau ihnen etwas zu. Sei da, wenn sie dich brauchen. Aber erdrücke sie nicht mit Vorgaben. Die besten Trainer sind Begleiter – keine Befehlshaber.
Mach den ersten Schritt – und bleib offen
Wenn du jetzt noch am Anfang deiner Reise als Coach stehst: Gratulation! Du hast die wichtigste Entscheidung schon getroffen. Du willst einen Unterschied machen. Und glaube mir: Du wirst Fehler machen. Du wirst mal ratlos sein. Aber du wirst auch lachen, staunen, stolz sein. Du wirst Kinder sehen, die über sich hinauswachsen. Wegen dir. Wegen deinem Training. Wegen deiner Haltung. Gib dir Zeit. Lerne dazu. Hol dir Feedback. Und vor allem: Bleib bei den Kindern. Nicht bei den Ergebnissen.
So bleibt dein Kindertraining lebendig: Mehr Spiel, weniger Standzeit
Es gibt einen einfachen, aber oft unterschätzten Grundsatz für alle, die Kinder im Fußball trainieren: Kinder wollen sich bewegen – nicht zuhören. Gerade im Alter zwischen 6 und 12 Jahren ist der Bewegungsdrang riesig. Wer zu viel erklärt, zu lange aufbaut oder zu oft unterbricht, verliert schnell die Aufmerksamkeit der Kinder – und damit den eigentlichen Sinn des Trainings.
Rob Sherman, ein erfahrener Trainer-Ausbilder, bringt es auf den Punkt:
„Kinder langweilen sich schnell. Sie wollen nicht ewig Ansprachen hören oder in der Schlange stehen. Lass den Ball rollen – ohne ständiges Eingreifen.“
Die Regel ist einfach: 70 Prozent der Trainingszeit sollten aktive Spielzeit sein – also Momente, in denen Kinder sich bewegen, den Ball am Fuß haben, Entscheidungen treffen und Dinge ausprobieren dürfen. Wenn wir als Trainer:innen unsere Ansprachen auf maximal eine Minute begrenzen und Übungsformen flüssig gestalten, entsteht genau der Raum, den Kinder brauchen: zum Wachsen, zum Lernen, zum Lachen.
Der Werkzeugkasten für effektives Kindertraining
Bevor du überhaupt an deine erste Übung denkst, hilft ein einfacher, gut organisierter Ausrüstungsplan. Du brauchst nicht viel – aber das Richtige:
Unverzichtbare Basics:
– Hütchen zur Markierung
– Zwei Sets Leibchen (z. B. rot und blau)
– Genügend Bälle – idealerweise ein Ball pro Kind
– Ballpumpe (nichts bremst mehr als platte Bälle!)
– Erste-Hilfe-Set
– Liste mit Notfall-Kontaktdaten der Eltern
– Klarer Notfallplan bei Verletzungen oder plötzlichen Zwischenfällen
Ergänzende Ausrüstung:
– Whiteboard mit Magneten oder ein Tablet zur Visualisierung
– Flache Gummischeiben für Zonen oder Linien auf dem Platz
– Mini-Tore
– Pfeife (sparsam nutzen!)
Tipp: Wenn du genug Bälle hast, dass jede:r Spieler:in direkt loslegen kann, hast du schon viel gewonnen. Weniger Warten = mehr Lernen.
Auch visuelle Hilfsmittel wie Tablets oder Whiteboards sparen Zeit und helfen, neue Übungen schnell verständlich zu machen.
Training mit Plan: Warum gute Vorbereitung den Unterschied macht
Spontanität ist schön – aber sie ersetzt keine Vorbereitung. Wenn du willst, dass Kinder engagiert, konzentriert und respektvoll mitmachen, solltest du ihnen mit dem gleichen Maß an Respekt begegnen: durch ein durchdachtes, klar strukturiertes Training. Das bedeutet nicht, dass du hochkomplizierte Übungspläne schreiben musst. Es heißt einfach: Du weißt, was du vorhast – und warum.
In vier Schritten zur durchdachten Einheit
1. Wähle ein klares Thema.
Ob Dribbling, Passspiel, Verteidigung oder Umschalten – ein Fokus hilft dir, deine Einheit sinnvoll zu gestalten.
2. Setze konkrete Ziele.
Willst du dein Mittelfeld im Spielaufbau stärken? Sollen deine Verteidiger besser Laufwege antizipieren? Je klarer das Ziel, desto klarer wird das Training.
3. Plane deine Gruppe realistisch.
Wie viele Kinder kommen? Trainierst du allein oder mit Co-Trainer:in? Brauchst du Kleingruppen oder Stationen? Je besser du diese Fragen im Vorfeld klärst, desto reibungsloser läuft’s auf dem Platz.
4. Alle einbinden, niemand vergessen.
Auch wenn du einen Spieler gezielt fördern willst – vergiss nicht den Rest. Beispiel: Während dein Spielmacher an Schnittstellenpässen arbeitet, üben andere das Pressing, das Freilaufen oder das Verhindern von Laufwegen. So wird aus einem Thema ein ganzheitliches Training.
Der Unterschied liegt im Detail – und in deiner Haltung
Ein gutes Training erkennt man nicht daran, wie laut der Coach pfeift oder wie hart die Kids schuften. Es zeigt sich darin, wie viel die Kinder erleben, wie oft sie den Ball berühren, wie sehr sie ins Spiel eintauchen. Und ob sie am Ende nach Hause gehen und sagen: „Das war richtig cool heute.“ Denn genau das ist es, was zählt. Nicht Tabellen, nicht Punktzahlen – sondern, dass Kinder Spaß am Fußball behalten, sich wohlfühlen, gefordert werden und mit einem Lächeln vom Platz gehen.
Mehr als nur Fußball Übungen
-Ein Trainingsplan allein macht noch keine gute Einheit. Der wahre Unterschied entsteht auf dem Rasen, wenn du deine Ideen in ein lebendiges, kindgerechtes Erlebnis verwandelst.
– Ob du Anfänger oder erfahrener Coach bist – jede Trainingseinheit bietet dir die Chance, Kinder nicht nur sportlich, sondern auch menschlich zu berühren. Und genau darum geht es in der Basisarbeit im Fußball: um echte Verbindung, um das Zusammenspiel von Struktur und Freiheit – und darum, Kindern Selbstvertrauen und Spielfreude mit auf den Weg zu geben.
Der Start ins Training: Aktiv von der ersten Minute an
Bevor du mit dem „eigentlichen“ Training beginnst, nutze die Ankunft der Kinder bewusst: Lass sie mit kleinen Spielen oder Ballaktionen sofort aktiv werden. Ob Balljonglage, Zielspiel oder 3-gegen-3 – diese Einstiegsphasen schaffen einen weichen Übergang vom Alltag ins Fußballtraining und geben dir Zeit, das Spielfeld vorzubereiten. Starte dann mit der größten Übungseinheit (z. B. einem Spiel auf halbem Platz) und baue kleinere Spielformen oder Positionsspiele als Vorstufen mit ein. So musst du später nicht mehr umbauen – und behältst den Fluss in deiner Einheit.
Trainiere dort, wo die Aktion im Spiel stattfindet
Viele Trainer:innen planen Übungen ohne Bezug zum Spiel. Doch Kinder lernen besser, wenn sie Räume und Situationen wiedererkennen, die sie im Spiel tatsächlich erleben. Wenn du zum Beispiel Außenspiel trainieren willst, positioniere deine Übung in echten Flügelräumen: mit Abständen wie im Spiel, realistischen Gegnern und klaren Laufwegen.
Solche „geografischen Reize“ helfen Kindern, im Wettkampf blitzschnell zu reagieren, weil sie vertraute Muster wiedererkennen.
Training als Bühne für Spielintelligenz – nicht für Anweisungen
Zu oft wird Coaching mit ständiger Korrektur verwechselt. Doch gutes Training bedeutet: Nicht alles vorgeben – sondern Kinder ausprobieren lassen. Je mehr du den Ball rollen lässt, desto intensiver erleben Kinder das Spiel. Deine Rolle ist es, kluge Fragen zu stellen, statt immer sofort Lösungen zu liefern.
Ein Beispiel: Wenn ein Kind einen schlechten Pass spielt – frage:
-„Was hast du gesehen?“
– „Gab es vielleicht eine andere Möglichkeit?“
– „Was hättest du machen können, wenn du mehr Zeit gehabt hättest?“
So entwickelst du Denkprozesse – und genau das macht Spieler:innen langfristig besser.
Bleib flexibel: Der Plan ist nur der Anfang
Natürlich ist ein Trainingsplan wichtig. Aber du solltest dich nicht sklavisch daran klammern. Kinder ticken nicht wie Diagramme – sie sind mal müde, mal überdreht, mal voller Fragen. Manchmal funktioniert eine Übung nicht wie gedacht. Dann heißt es: anpassen, ausprobieren, weitermachen. Vielleicht braucht eine Gruppe länger für ein Thema – dann ist es besser, etwas anderes zu verschieben, als krampfhaft durchzuziehen.
Thomas Jeffery von der „Player Development Project“ bringt es auf den Punkt:
„Ein guter Coach erkennt, wann es Zeit ist, umzuschalten – und hat keine Angst, sich vor den Kindern verletzlich zu zeigen.“
– Das macht dich nicht schwächer – sondern menschlich. Und genau das spüren Kinder.
Reflexion: Dein wichtigstes Coaching-Werkzeug
Gutes Coaching endet nicht mit dem letzten Pfiff. Wirklich wertvoll wird es, wenn du dir danach Zeit nimmst, über die Einheit nachzudenken:
– Was hat gut funktioniert?
– Wo waren die Kinder motiviert – und wo nicht?
– Hast du dein Ziel erreicht – oder hast du unterwegs etwas anderes Wichtiges entdeckt?
– Wie ging es den Kindern physisch, mental, emotional?
Die beste Reflexion entsteht nicht nur in deinem Kopf – sondern im Austausch:
– Frag deine Spieler:innen.
– Lass sie erzählen.
– Höre zu.
Kinder sind ehrlicher als jeder Spielberichtsbogen. Und sie spüren ganz genau, ob eine Einheit Sinn gemacht hat oder nicht.
– Auch ein Trainerkollege kann wertvolles Feedback liefern – oder einfach mal beobachten, wie du auf dem Platz wirkst.
Fehler sind erlaubt – Weiterentwicklung ist Pflicht
Nicht jede Einheit läuft perfekt. Manchmal geht ein Plan auf dem Papier auf – und auf dem Rasen überhaupt nicht. Das ist okay. Das ist normal.
Wichtig ist nur, dass du nicht enttäuscht wegfährst, sondern daraus lernst. Ändere kleine Dinge. Probiere Neues. Und genieße die Momente, in denen es plötzlich „Klick“ macht – bei dir oder bei einem Kind. Denn genau dafür lohnt sich der ganze Aufwand.
Coaching mit Herz: Wie du Kinder nicht nur trainierst, sondern wirklich erreichst
Wer sich entscheidet, Kinderfußball zu trainieren, übernimmt weit mehr als die Verantwortung für Übungen, Ergebnisse oder Tabellen. Du übernimmst eine Rolle, die prägt, motiviert – und oft ein Leben lang Spuren hinterlässt.
Ob du selbst mal auf dem Platz gestanden hast oder neu im Coaching bist – du wirst schnell merken: Fußballtraining mit Kindern ist keine Kopfsache allein. Es ist Herzarbeit.
Und sie beginnt nicht mit Technik oder Taktik, sondern mit der Frage: Wie spreche ich mit Kindern? Wie höre ich zu? Und wie schaffe ich ein Umfeld, in dem sie sich sicher und gesehen fühlen?
Kommunikation auf Augenhöhe – der wahre Gamechanger
Stell dir vor: Du hast eine brillante Übung geplant. Alles läuft strukturiert – aber irgendwie fehlt der Funke. Die Kinder machen mit, aber nicht mit voller Überzeugung. Woran liegt’s?
Oft liegt es nicht an der Übung – sondern an der Beziehung zwischen Coach und Kind. Kinder spüren, ob du sie ernst nimmst. Sie merken, ob du zuhörst oder nur abspulst. Sie sehen an deinem Blick, ob du willst, dass sie besser werden – oder einfach nur „funktionieren“.
Gute Kommunikation heißt:
– Wirklich zuhören. Nicht unterbrechen, nicht vorschnell werten.
– Fragen statt sagen. „Was hättest du noch machen können?“ ist oft stärker als „Das war falsch.“
– Gefühle wahrnehmen. Manchmal versteckt sich hinter schlechter Laune ein schlechter Tag – nicht mangelnde Motivation.
– Still sein können. Manchmal entsteht das Wichtigste im Schweigen. Wenn Kinder spüren, dass du ihnen Raum gibst.
Und manchmal geht es gar nicht um Fußball. Sondern darum, dass ein Kind einfach weiß: „Mein Trainer glaubt an mich.“
Das Training als Bühne für Wachstum
Training ist nicht nur Bewegung. Es ist ein geschützter Raum, in dem Kinder ausprobieren, scheitern, lachen, wachsen dürfen. Wenn wir ihnen diese Freiheit geben, lernen sie mehr als Tricks und Taktiken. Sie lernen Verantwortung, Resilienz, Teamgeist.
Wie gelingt das?
– Durch „mitspielende“ Übungen. Lass Kinder Situationen erleben, nicht nur isolierte Abläufe üben.
– Durch Individualität. Manche brauchen mehr Zuspruch, andere fordern Stille und Fokus.
– Durch Rituale. Begrüßung, Abschlusskreis, ein gemeinsamer Handschlag – das alles schafft Verbindung.
Und: Lob ist wichtig – aber ehrlich muss es sein. Lobe nicht für alles, aber sei großzügig, wenn du echtes Engagement siehst.
Der Verein ist mehr als der Platz
Oft vergessen wir im Alltagsstress, was ein Verein eigentlich ist: ein sozialer Raum, ein Zuhause, ein Netzwerk aus Menschen.
Du als Trainer:in bist mittendrin. Und du gestaltest aktiv mit, ob dieses Netzwerk trägt oder bröckelt.
– Respektvolle Kommunikation mit Eltern schafft Vertrauen.
– Ein Miteinander mit anderen Trainer:innen ermöglicht Austausch statt Konkurrenz.
– Eine offene Haltung gegenüber Kritik zeigt Größe – auch vor den Kindern.
– Und manchmal ist ein „Ich weiß es gerade selbst nicht“ stärker als jede taktische Erklärung.
Reflexion: Das Training endet nicht mit dem Abpfiff
Wenn du nach Hause fährst, denk kurz zurück: Was hat heute funktioniert? Was lief schief? Wer war auffällig? Wer wirkte still?
Reflexion muss kein Protokoll sein. Manchmal reichen drei ehrliche Gedanken. Oder ein kurzer Austausch mit dem Co-Trainer. Oder ein Gespräch mit einem Kind, das dir ein gutes Gefühl gibt.
– „Du warst heute richtig mutig.“
– „Ich habe gesehen, wie du deinem Mitspieler geholfen hast.“
– „Was fandest du heute schwierig – und warum?“
Solche Sätze bleiben. Und sie zeigen: Du bist nicht nur Trainer. Du bist Begleiter.
Fazit: Training ist Beziehung
Wenn du Kinder ernst nimmst, wenn du mit ihnen lachst, wenn du Raum gibst für Fehler und Fortschritt, dann schaffst du mehr als sportlichen Erfolg.
Du schaffst Momente, die bleiben. Für dich – und für die Kinder. Und irgendwann wirst du vielleicht hören: „Wegen dir bin ich heute Trainer geworden.“ Oder einfach nur: „Danke, dass du immer an mich geglaubt hast.“ Und dann weißt du: Du hast alles richtig gemacht.