Trainingseinheit: Kollektiver Tempowechsel
Wir haben bereits in einem vorangegangenen Training als Einführung in den individuellen und kollektiven Tempowechsel einige Übungen ohne Ball absolviert. Da wir gegen Ende des damaligen Trainings bereits gut in Schwung waren, können wir nunmehr diese sehr wichtigen kollektiven Verhaltensweisen, die dem Spieler in Fleisch und Blut übergehen müssen, weiter ausbauen. Eine gute Beherrschung dieser Automatismen ist erforderlich, um bei Ballbesitz folgende Aufgaben erfolgreich lösen zu können:
– Spiel aufbauen
– das Überraschungsmoment nutzen
– eine gewisse Durchschlagskraft erzielen
– den Gegenangriff erfolgreich einleiten.
Es steht fest: Das Gelingen der oben angeführten Punkte steht und fällt mit dem Anspielen der Spieler im richtigen Augenblick.
Erwärmung
Wir wollen – nun bereits beim Aufwärmen – mit dem beginnen, womit wir in der Trainingseinheit Tempowechsel aufgehört haben: Kreuzen in verschiedene Richtungen. Aufstellung in Doppelreihe. Wir arbeiten über die Breite des Feldes, und nach jeder Übung tauschen die Spieler ihren Platz, indem sie über Kreuz laufen. Wir beginnen sehr ruhig und locker, dem allmählichen Aufwärmen entsprechend, erhöhen wir das Tempo (auch beim Plätzetausch), bis wir am Ende der Erwärmung volles Tempo erreichen. Beginn: lockerer Hopserlauf, auf Kommando kreuzen, wieder Hopserlauf usw. bis zum Spielfeldende.
Bei den erwärmenden Übungen haben wir die Möglichkeit, alle Gliedmaßen und Körperteile anzusprechen: Arme, Beine, Schultern, Rumpf, Nacken, Gelenke usw. Langsam anfangen und systematisch das Tempo erhöhen. Lassen Sie die Spieler zur Abwechslung auch einige Male rückwärts über Kreuz laufen. Abschließend lassen wir die Spieler noch einige Male mit vollem Tempo über Kreuz laufen. Gute Ausführung anstreben. Danach wiederholen wir einige Male im Wechsel eine Tempo- und Richtungsänderung. Mit halbem Tempo über Kreuz laufen lassen. Auf Pfiff startet dann jedes Mal ein Spieler mit vollem Tempo – kurzer Spurt – wobei der Trainer systematisch den Abstand zwischen den Kommandos verringert.
Hauptteil
Übung 1: Wir beginnen mit einer Übung, die die Spieler bereits kennen: Überkreuzlaufen zweier Spieler. Heute legen wir den Schwerpunkt nicht nur auf das Kreuzen im Rücken des ballführenden Gegners, sondern auf plötzliche Tempowechsel ohne Ball. Diese Übung wird innerhalb kurzer Zeit mit kurzen, kräftigen Tempo- und Richtungswechseln beherrscht. Feuern Sie die Spieler an und lassen sie sich wirklich belasten. In der verdienten Pause teilen wir die Spieler in Dreiergruppen für die nächste Übung ein.
Übung 2: Mit der Hinzunahme eines dritten Spielers kommen wir zur nächsten Phase. Anfangs wird die Übung genauso durchgeführt wie die vorherige: Überkreuzlaufen und den Ball weiterspielen. Nun kreuzt aber der dritte Spieler ebenfalls jedes Mal hinter dem Ballführenden weiter – in entgegengesetzter Richtung von Spieler 2. In der ersten Serie spielt der Ballführende immer auf Mitspieler 2 und sorgt lediglich durch diagonale Sprints für Abwechslung. In der zweiten Serie wechseln sich die beiden Nicht-Ballführenden mit Antritten in unterschiedliche Richtungen ab, achten dabei aber stets darauf, dass sie immer angespielt werden können. Die Initiative liegt beim Ballführenden. Er schlägt den Pass, wenn er den Moment für günstig erachtet.
Übung 3: Wieder nehmen wir einen weiteren Spieler hinzu. Lassen Sie die Spieler zu Beginn der Übung kein zu hohes Tempo entwickeln, sorgen Sie dafür, dass jeder rechtzeitig Tempo und Richtung ändert. Danach lassen wir das Tempo erhöhen, betonen aber weiterhin die Bewegungsausführungen. In der zweiten Serie richten wir die Aufmerksamkeit auf das richtige Weiterspielen des Balles. Man kann die Spieler von 1 bis 4 durchnumerieren; sie werden dann der Reihe nach angespielt. Besser aber ist es, die Initiative den Spielern zu überlassen, mit dem Ballführenden beginnend. Die anderen bewegen sich so, dass sie immer angespielt werden können. Danach geht die Initiative von den Spielern ohne Ball aus.
Gruppen von 4 Spielern bewegen sich also kollektiv, mit wechselndem Tempo und ständig wechselnden Richtungen über das Feld. Ein guter Anfang ist gemacht, und die Spieler haben Spaß daran. Legen Sie die Dauer des Übens nach Ihrer Einschätzung fest.
Es ist nicht erforderlich, jede hier vorgelegte Trainingseinheit sofort durchzuführen. Das Ziel des Trainings besteht darin, den Spielern etwas beizubringen, und das muss nicht immer in der Quantität zum Ausdruck kommen.
Übung 4: Angreifen mit 6 Spielern. Hier gelten wieder dieselben Prinzipien wie in der vorhergehenden Übung. Langsam anfangen und mit hohem Tempo enden. Im Folgenden ergänzen wir die Übung um einen neuen Aspekt. Es ist klar, dass nicht alle 6 Spieler einfach so kollektiv angreifen. Ein Spieler bleibt darum in einer abwartenden – sichernden – Position. Ein zweiter hält sich zu seiner Unterstützung bereit. Dies müssen nicht immer dieselben Spieler sein. Das Überraschungsmoment liegt darin, dass gerade diese Spieler nach vorne gehen. Ihre Aufgabe wird dann schnell von einem Mitspieler übernommen.
Übung 5: Bitten Sie die Spieler nun – unter Beachtung der obigen Richtlinien -, die Betonung auf schnellen, plötzlichen Tempowechsel zu legen, ihre Antritte aber gleichzeitig so lange wie möglich zu verschleiern. Zu Beginn fordern die Spieler den Ball. Es kann aber auch abgesprochen werden, dass die Spieler zwar den Ball fordern, dieser aber zu einem Spieler gespielt wird, der nach vorn geht, ohne den Ball gefordert zu haben.
Übung 6: Übungsspiel. Wir haben bereits ein gutes Stück auf dem richtigen Weg hinter uns gebracht. Die Spieler bewegen sich so in der Gruppe, wie es sein soll: abwechselnd nach vorn gehen und die Richtung ändern. Aber Übungen sind nur ein Mittel. Das Ziel ist es aber, diesen kollektiven Tempowechsel im Spiel anzuwenden. Organisieren Sie ^ darum ein Spiel mit einigen deutlichen Leitlinien. Die Betonung liegt auf Angriff und Spiel ohne Ball. Anfangs verteidigt die nicht in Ballbesitz befindliche Mannschaft passiv, d. h., die Spieler greifen nicht direkt an, sondern agieren hinhaltend. Ist der Ball erkämpft, dann wird so schnell wie möglich zum Gegenangriff geblasen. Dabei auf die Raumaufteilung achten.
Trainingseinheit: Praxis des Tempowechsels
ln den Trainingseinheiten Tempowechsel und kollektiver Tempowechsel haben wir einige Grundzüge des kollektiven Tempo- und Richtungswechsels behandelt. Deren Einführung wirft natürlich die Frage auf: Wie können wir dieses im Spiel praktisch verwerten? Wenn wir nun das Wie und Warum in praktischen Übungen umsetzen, sind wir bereits ein ganzes Stück weiter. Diesen Übungen können Spielzüge zugrunde liegen, die im Spiel vielfach Vorkommen. Da diese Aktionen regelmäßig wiederkehren, entwickeln wir also Automatismen: Die Spieler wissen, was sie zu tun haben und wie es abläuft. Nehmen wir zuerst den Doppelpass. Alle Elemente kommen darin vor, und er kann oft eingesetzt werden. Heute wollen wir mittels geeigneter Übungen unserem Ziel – Ausprägen von Automatismen – ein Stück näher kommen.
Erwärmung
Diesmal eine neue Aufstellungsvariante: die Sternform – eine einfache Aufstellung, die keiner Vorbereitung bedarf. Ein weiterer Vorteil liegt in dem aufgelockerten Ablauf: Die Spieler können miteinander reden, und das Ganze wirkt nicht so organisiert wie z. B. eine vorbereitete Übungsstrecke. Allerdings ist schwieriger zu kontrollieren, ob jeder Spieler die ihm vorgegebene Strecke jedes Mal zurücklegt, da der Trainer die Mitte des Sternes bildet. Die Spieler führen die Übungen jeweils auf dem Hinweg aus und kommen locker zurück. Währenddessen stellt der Trainer die neue Aufgabe, so dass man sich im Zentrum des Sterns ohne Pause wieder umdreht. Wir absolvieren einige „klassische“ Übungen mit oder ohne Ball.
Hauptteil
Folgende Übungen haben wir für heute ausgewählt:
– Angriff zu zweit
– Doppelpassspiel
– Angriff zu dritt
– Aufbauspiel zu dritt.
Anfangs führen wir die Bewegungen nur unter technischem Aspekt aus – ohne Gegner -, bis wir zu einem fließenden Bewegungsablauf kommen. Danach wiederholen wir die Übungen unter dem Aspekt der Einheit von Technik und Taktik – mit Gegner. Zum Abschluss führen die Spieler die Übung vollkommen frei, aber unter Berücksichtigung ihres Auftrags, aus.
Übung 1: Angriffskombination zu zweit: Spieler A – in Ballbesitz – steht Gegner T gegenüber. Er führt den Ball auf ihn zu, während Spieler C ihn durch Tempo- und Richtungswechsel unterstützt, indem er hinter A vorbeisprintet. Technikschwerpunkt: Tempowechsel von C und sauberer Pass von A. Taktikschwerpunkt: So lange wie möglich die tatsächlichen Absichten verdeckt halten.
Übung 2: Doppelpassspiel: Eine der am häufigsten wiederkehrenden Kombinationen im Spiel, wobei zwei Spieler gemeinsam einen Gegner ausspielen. Individuelles Ausspielen mittels Dribblings ginge auch, aber die Anwendung des Doppelpasses ist weniger riskant. Den Doppelpass kann man praktisch überall auf dem Feld einsetzen: als Ausbruch aus einer Verteidigungssituation, zum Aufbauen aus dem Mittelfeld und als Durchbruch im Angriff. Heute beschränken wir uns auf den Doppelpass im Angriffsspiel, dem ein Torschuss folgt. Es ist aber auch lohnenswert, dem Doppelpassspiel mit allen seinen Aspekten eine ganze Trainingseinheit zu widmen.
Doppelpassübung: Der Spieler in Ballbesitz muss sich mit einem Gegenspieler auseinandersetzen. Der Angreifer führt den Ball auf seinen Gegenspieler zu, spielt dann aber nach links zu seinem Mitspieler ab, der den Ball hinter dem Gegner weiterspielt. (Im Training ist der freie Angreifer – links – eine Prellwand, die angespielt wird.) Mit einem kräftigen Antritt wird der gegnerische Spieler überlaufen – Ballannahme – Torschuss.
Übung 3: Angriffskombination zu dritt. Diese Handlungsfolge ist ein Mittel, um z. B. im Mittelfeld – trotz eventueller Manndeckung – erfolgreich zu sein oder im Strafraum einen Stürmer oder Mittelfeldspieler ins Spiel zu bringen, Spieler A (in Ballbesitz) sieht nur einen gedeckten Mitspieler vor sich. Statt selbst mit dem Ball am Fuß nach vorne zu gehen – was eine Verteidigerkonzentration nach sich zieht spielt er auf B und betrachtet seine Aufgabe demonstrativ als beendet. Spieler B verbirgt so lange wie möglich seine eigentliche Absicht, bis er – im Rücken gedeckt – den Ball zurück auf C legt, der den plötzlich wegspurtenden Spieler A in der Tiefe anspielt.
Technikschwerpunkte:
– sauberer Pass von Spieler A auf B
– gutes Abdecken des Balles durch B
– direkte Weitergabe des Balles von B zu C
– genauer Pass von C in die Tiefe. Taktikschwerpunkte:
– flotte Durchführung der Handlungsfolge
– richtiges Training von C und auch von A
– so lange wie möglich wahre Absichten verbergen.
Übung 4: Angriff zu dritt mit Torschuss. Bei dieser Aktion (eine im Spiel häufig wiederkehrende Situation) kommen wir schon mehr zu einer Bündelung von Tempo- und Richtungswechsel. Es ist wichtig, dass jeder Spieler weiß, was seine Aufgabe ist und welche Rollen seine Mitspieler haben. Diese Aktion ist im Grunde eine Kombination der beiden vorangegangenen Spielzüge, und es ist eine echte Spielsituation. Spieler A führt den Ball in Richtung Mitspieler C, der aber im Rücken gedeckt wird. A spielt auf C, während B plötzlich hinter ihm diagonal in die Tiefe startet. Als Ablenkungsmanöver fordert A den Ball zurück. C legt den Ball aber in den Lauf von B. Spieler A wartet kurz und tut so, als ob er seine Position beibehält. Inzwischen ist B bis zur Grundlinie durchgelaufen und passt zurück auf Spieler A, der dieses Rückspiel erwartet und explosiv hineinspurtet.
Übung 5: Angriff zu dritt. Wie bei den vorherigen Übungen ist es notwendig, die Übungen zunächst technisch sauber auszuführen, um einen fließenden Spielzug zu erhalten. Neben der Genauigkeit des Passes ist richtiges Timing unabdingbar. Beides ist für einen erfolgreichen Spielzug notwendig. In dieser Übung bringen wir einen Mittelfeldspieler über die Mitte in den Angriff. Geschieht dies überraschend, dann entsteht stets eine Möglichkeit zum Torschuss. Und darum geht es. Spieler A a läuft auf den Gegner zu, spielt danach auf B, der zur Unterstützung vorrückt. B verlagert das Spiel auf die andere Seite; dies ist für A das Zeichen, plötzlich mit kräftigem Tempowechsel durchzustoßen, um dann von B den Ball zurückzuerhalten. Torschuss oder Vorlage auf B oder C (Doppelpass).
Mit der freien Ausführung dieser Übung ist es für die Spieler nicht getan. Sie sind stets aufmerksam und bieten sich an. Bei der freien Ausführung werden mehr Verteidiger eingeschaltet. Dieses Training wird mit einem kurzen Spiel beendet.
Taktikschwerpunkte:
– richtiges Timing
– rasche Abfolge der einzelnen Phasen
– Ablenkung und Aktion so lang wie möglich verbergen.
Technikschwerpunkt:
– Torschuss aus schneller Bewegung.