Von der BSC EAB 47 über die KWO Berlin bis SC Grün Weiß Baumschulenweg
Der andauernde Bestand des Frauenfußballs führte dazu, dass dieser immer leistungsorientierter wurde, auch in Ost-Berlin. Des Weiteren entwickelte sich in der DDR beziehungsweise die letzten zehn Jahre davon ein Dreikampf. Nimmt mal als Beispiel die 1980er Jahre her, dann war die BSG EAB Lichtenberg 47 die dominante Mannschaft. Als Leiter des Teams war Alfred Spanke tätig.
Bei der DDR-Bestenermittlung, dem wichtigsten nationalen Wettkampf, erreichten die EAB-Damen bei ihrer ersten Teilnahme 1981 Platz fünf. 1983 verbesserten sie sich um einen Platz und wurden Vierte. Auf Bezirksebene dominierte in den folgenden drei Jahren die BSG KWO Berlin. Die Fußballerinnen, die dem Trägerbetrieb Kabelwerk Oberspree angehörten, hatten ihr Potenzial in den letzten Jahren hin und wieder mit Titeln in der Halle angedeutet. Mit dem Spieljahr 1983/84 konnten sie dieses endlich auch auf dem Großfeld umsetzen und von da an drei Ost-Berliner Meistertitel hintereinander gewinnen. Dabei erspielten sie auf Bezirksebene in der Saison 1985/86 das Double mit Meisterschaft und Pokal. Auf nationaler Ebene erreichten sie die besten Platzierungen einer Ost-Berliner Mannschaft. 1985 wurden sie mit einem Sieg über die VEM Zörbig Dritter bei der DDR-Bestenermittlung. Zwei Jahre später bestätigten sie ihre sportliche Leistungssteigerung zum einem mit dem fünften Ost-Berliner Hallenmeistertitel 1987 in Folge und wieder einer vorderen Platzierung im nationalen Wettkampf. Nicht nur die eigene Betriebszeitung Das Kabel berichtete regelmäßig über diese sportliche Weiterentwicklung in ihrem Betrieb, auch das Deutsche Sportecho wurde auf die Oberspreefrauen aufmerksam. Die Artikel im Kabel über die Aktivität der Fußballerinnen wurden zum größten Teil von den Spielerinnen selbst geschrieben. Diese mediale Unterstützung durch den Betrieb bestand für zahlreiche BSGs in der DDR. Die Wertschätzung der sportlichen Leistung sah im Fall der KWO-Damen so aus, dass sie einmal überraschten, beim nächsten Mal spielerisch erfolglos blieben oder sich zur Mannschaft der Saison entwickelten. Die Bandbreite der Betrachtungsweise im Kabelwerk ging sogar so weit, dass der Sektionsleiter Fußball – Manfred Jahn -, sich im Hinblick auf den XI. Parteitag der SED im April 1986 offen hinter seine Fußballerinnen stellte: Wir hätten wohl kaum solch eine erfolgreiche Frauenmannschaft, würde sich nicht schon seit Jahren Sportfreund Peter Sawitzki mit großem Engagement um die Belange dieses Kollektivs kümmern. Er wie auch Übungsleiter Werner Orliczek, die Technische Leiterin Sabine Buchholz und das eng zusammenhaltende Kollektiv bieten die Gewähr dafür, dass noch weitere Erfolge den KWO-Fußballfrauen bevorstehen.
Diese Worte wären zum gleichen Zeitpunkt für einen Betreuer einer Damenmannschaft in der Bundesrepublik in einem relativ erfolgreichen Männerverein unvorstellbar gewesen. Der Frauenfußball in Ost-Berlin bewegte sich stellvertretend für die gesamte Republik langsam aus der Ecke des Freizeit- und Erholungssports heraus. Inmitten der 1980er Jahre schafften es die Fußballerinnen, sich im Umfeld des relativ erfolgreichen Männerfußballs der Hauptstadt zu etablieren.
Manfred Jahn gab beispielsweise in dem zitierten Interview zu verstehen, dass die erste Männermannschaft in diesem Jahr um eine Spitzenposition in der Berliner Bezirksliga kämpfte, die die Frauenmannschaft schon längst erreicht hatten und seit Längerem erfolgreich behaupteten. Natürlich spielte auch die individuelle Motivation der Spielerinnen eine nicht zu unterschätzende Rolle in einem Sport, der nach wie vor von vergleichsweise Wenigen getragen wurde. Typen wie Maja Bogs oder Kathrin Nicklas halfen dem Ost-Berliner Frauenfußball enorm. Sie wollten, vom Ehrgeiz getrieben, leistungsorientierten Fußball spielen und gegen die DDR-Spitzenmannschaften wie die BSG Turbine Potsdam und Rotation Schlema gewinnen. Die letzten drei Titelträgerinnen der Ost-Berliner Meisterschaft wurden 1987 bis 1989 die SG Grün Weiß Baumschulenweg und in der Saison der Wiedervereinigung die VSG Elfe Berlin.
Heiße Duelle zwischen Tennis Borussia und BFC Meteor 06 Berlin
Seit 1980 schafften es auch die West-Berliner Fußballerinnen, sich mehr und mehr zu etablieren. Vor allem regional duellierten sich jährlich Tennis Borussia Berlin und BFC Meteor 06 um die Vorherrschaft im Westen der Stadt. Nicht zuletzt über die Einführung einer Auswahlmannschaft, die seit 1976 regelmäßig für West-Berlin Freundschaftsspiele durchführte bzw. ab 1981 am DFB-Länderpokal teilnahm, war der hiesige Damen- und Mädchenfußball in der Bundesrepublik angekommen. Dennoch bedeutete dies nicht, dass die Spielstärke aus dem Westen Berlins sich national durchsetzen konnte. Beispielsweise gelang es den Meteordamen trotz ihrer Dominanz in Berlin zwischen 1977 und 1980 nicht, bei der Deutschen Meisterschaft erfolgreicher abzuschneiden als TeBe in den Vorjahren. Die Borussinnen konnten 1974 im ersten Jahr einen dritten Platz und 1976 sogar die Deutsche Vizemeisterschaft erringen: Viermal haben wir die West-Berliner Meisterschaft bisher gewonnen, zweimal den Pokal. 1976 feierten wir als DFB-Vizemeister hinter Bayern München unseren größten Erfolg. Und jetzt hoffen wir, dass es uns gelingt, BFC Meteor 06 – drei Jahre lang hintereinander West-Berliner Meister – wieder abzulösen. Ob Tennis Borussia Fußballfans allerdings nach dem Abstieg unserer Herrenmannschaft bei uns „Trost“ suchen werden, weiß ich nicht.
Es gelang TeBe 1981 tatsächlich, abermals die West-Berliner Meisterschaft zu erspielen. Sie kamen sogar erneut ins Endspiel der Deutschen Meisterschaft, mussten sich allerdings dort der SSG 09 Bergisch Gladbach mit 0:4 geschlagen geben. Die Gladbache- rinnen hatten damit bereits zum vierten Mal den Meistertitel gewonnen. Insgesamt gelang es Tennis Borussia zwischen 1971 und 1990 dreimal, die Deutsche Vizemeisterschaft zu erringen.
In der West-Berliner Verbandsliga folgte bis zur Wiedervereinigung ein ständiger Zweikampf zwischen TeBe und dem BFC Meteor 06 Berlin um die Meisterschaft. In der Saison 1981/82 erspielten die Meteor-Damen den Titel; in den darauf folgenden zwei Jahre gewannen erneut die Borussinnen bis zur Saison 1984/85, wo der BFC am Ende wieder siegreich war. Danach erspielte TeBe die Meisterschaft bis 1988/89. In der Umbruchsaison 1989/90 holte erstmalig mit dem 1. FC Neukölln eine neue Mannschaft die West-Berliner Meisterschaft. Im Pokalwettbewerb war dies nicht so eindeutig. Nur 1986 und 1988 konnten die Borussinnen das Double holen.
Wesentliches Kennzeichen des Damen- und Mädchenfußballs in diesen zehn Jahren bis zur Zusammenführung des Frauenfußballs in Berlin 1990 war die Einteilung nach einem Leistungsniveau. Zwar konnten die West-Berlinerinnen in dieser Zeit keine Deutsche Meisterschaft oder den Länderpokal gewinnen. Dafür machten aber beispielsweise die Spielerinnen von TeBe 1982 im DFB-Pokal auf sich aufmerksam, als sie die Doppelpokalsiegerinnen von der SSG 09 Bergisch-Gladbach mit 3:1 besiegten: Bums – da lag der Weltmeister auf der Nase. Mit dem Wort Sensation soll man vorsichtig sein, doch der Sieg der TeBe-Girls im DFB-Pokal über den DFB-Pokal-Doppel- sieger (1980 und 1981) Bergisch Gladbach gehört in die Kategorie des Unwahrscheinlichen. Dafür sprechen allein die Meriten des Gastes im Momsenstadion: Inoffizieller Weltmeister und viermal Deutscher Meister! Doch die Borussinnen, die noch 1981 im Finale der Deutschem 1:4 gegen Gladbach unterlagen, zeigten nur in der Anfagsphase Respekt, wurden später immer gleichwertiger und führten schon zur Pause 3:1. Da glaubten die 500 Zuschauer noch, dass Gladbach mit seinen enormen Tempospiel das Blatt noch wenden könnte. Doch TeBe ließ sich nicht in die Defensive drängen, beherrschte sogar das Mittelfeld und gewann so vollauf verdient.
Allerdings kostete dieser Sieg Tennis Borussia damals laut der Berichterstattung 1.420,- DM, denn anscheinend deckten die Zuschauereinnahmen nicht die laufenden Kosten. Wie sie das Defizit wieder ausgleichen konnten, ist nicht ersichtlich.
Die drei Leistungsklassen im Damenfußball hatten zu einem regen Spielbetrieb in West-Berlin geführt. Dennoch klagten die Trainer in der Saison 1986/87, als 41 Mannschaften für den Punktspielbetrieb und 36 für den BFV-Pokal gemeldet waren, dass die Leistungsbereitschaft bei den Damen nachgelassen habe. Außerdem blieb die Gewinnung von Spielerinnen weiterhin ein Problem. Der Verband reagierte entsprechend mit der Genehmigung von Spielgemeinschaften ab dem Spieljahr 1986/87: Das ehrenvolle Abschneiden der „Veilchen“ täuscht allerdings nicht über den Leistungsstand des Damenfußballs in unserem Verbandsbereich hinweg. Es fehlt zunehmend an jüngeren Spielerinnen. So wird die Personaldecke bei einigen Mannschaften künftig nicht mehr reichen für einen ordentlichen Spielbetrieb. Das Problem ist, dass Spielerinnen eher mit dem Fußball ganz aufhören, ehe sie sich einem anderen Verein anschließen.
Zusätzlich wurden eine neue Fachkommission für Damen- und Mädchenfußball formiert sowie das Training der Mädchenauswahl Berlin in die Hände des Damenauswahltrainers Friedhelm Häbermann übergeben. Ferner setzte man die Anfrage des DFB nach einer eigenen Hallenmeisterschaff ab Januar 1987 um und im Mädchenbereich festigte sich das Schulturnier des Drumbo-Cups, der mit 40 Mädchenmannschaften aus insgesamt zwölf Bezirken im Berliner Schulsport erfolgreich durchgeführt wurde. Neben der Fußball-Woche kam fortan von der Fachkommission das 24-seitige Magazin Fußball-Ladym heraus, das den Anspruch hatte, über das Regelwerk zu informieren und über Irrtümer aufzuklären. Trotz dieser zahlreichen Initiativen ging der West-Berliner Damenfußball mit den Problemen der Abwerbung und Mädchenarmut. in die Umbruchsaison 1989/90.