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Persönliche Erinnerungen Frauenfußball in der DDR – Bezirk Potsdam
Dieter Firchau und Willi Zimdars haben Ende 1970 (Dezember) die Frauenfußballmannschaft BSG Turbine Potsdam gegründet. Für die beiden Sportfreunde war es ein Silvesterscherz ohne ernste Absichten, doch das änderte sich. Das Team war nicht nur in der DDR sehr erfolgreich, es ist bis heute der Fall. Als Werbung diente unter anderem ein vor dem Veraltungsgebäude angebrachter Schaukasten.

Bereits vor dem offiziellen Start der Mannschaft wurden erste Trainingseinheiten durchgeführt. Ein Artikel in den Brandenburgischen Neuesten Nachrichten vom 9. März 1971 verkündete, dass 28 Spielerinnen bei der BSG Turbine fortan dem runden Leder nachjagten. Die offizielle Gründung der Frauenfußballabteilung vollzog sich am 11. März 1971. Nur knapp einen Monat später, am 29. April 1971, bestritten die Potsdamerinnen ihr erstes Spiel in Tangermünde gegen die gleichnamige BSG Empor, an dem auch die spätere Mannschaftskapitänin Elke Stresow teilnahm: So war die Unzulänglichkeit eines Funktionärs der Anstoß, der Silvesterscherz die Ursache und die Räume der Abteilung Arbeitsökonomie der EV in Potsdam, Türkstraße 11, die Wiege des Frauenfußball der BSG Turbine Potsdam.

Für Elke Mertens war ihr damaliger Weg zu Turbine kaum weniger glücklich als deren Entstehung. Eine Arbeitskollegin in der Lehre hatte sie gefragt, ob sie mit zum Fußball kommen wolle. Da sie bis dato – u. a. beim Berliner TSC und Lok Rangsdorf – Handball gespielt und dort gern nach oder vor dem Training mit den Männern gespielt hatte, nutzte sie die Chance und stieg unmittelbar im März 1971 bei der BSG Turbine aktiv ein: Das erste Training, das ich bei Turbine mitgemacht habe, war hier oben im Wehrmutsgymnasium. Und die ersten Spiele waren ja Auswärtsspiele, das hat Schröder ganz bewusst gemacht, weil er nicht wusste, wie die Truppe auftritt, wenn er sie loslässt. Und um zu sehen, wie sie sich benehmen, hat er auswärts gespielt. Und die gegen die wir gespielt haben, Tangermünde, waren ja schon ein bisschen aktueller, die hatten schon ein paar Spiele in den Beinen. Und dann haben wir dort 3:0 gewonnen. Da waren wir happy. Ja, das zweite Spiel haben wir gegen Berlin-Henningsdorf gemacht und da haben wir nur 2:1 gewonnen. Das waren gute Ergebnisse. Und das Rückspiel gegen Tangermünde war hier im Karli gewesen, genau. Das war ja noch ein Platz. Nicht wo er jetzt ist, sondern dort, wo der Hartplatz jetzt ist, haben wir auf Rasen gespielt. Dort haben wir, glaube ich, 5:1 gewonnen.

In dieser Anfangszeit spielte Mertens noch Handball und Fußball parallel. Dies ging freilich nur, weil die ersten Begegnungen reine Freundschaftsspiele waren und das Handballtraining an anderen Wochentagen stattfand. Als sich Mertens mit Beginn der Punktspiele im September 1972 dann entscheiden musste, blieb sie bei Turbine. Bis zu ihrer ersten Babypause 1979 gehörte Mertens dem Stammkader an.

Von den ersten 20 Freundschaftsspielen konnte Turbine insgesamt 18 gewinnen und verlor nur zwei. Vor allem die Spielphilosophie von Bernd Schröder, an vielen verschiedenen Orten zu spielen, wurde dadurch bestätigt. Neben den Heimspielstätten in Babelsberg und Waldstadt reisten die Potsdamerinnen nach Brandenburg, Ost-Berlin, Eisenhüttenstadt, Friesack, Freiberg, Luckenwalde, Halberstadt, Rangsdorf, Schönebeck, Schwerin, Tangermünde und Zossen. Es folgten viele torreiche Begegnungen. Schon frühzeitig führte Schröder in der Mannschaft das Leistungsprinzip ein, wiewohl es nicht mit dem Leistungssport im heutigen Spielbetrieb bei Turbine Potsdam verglichen werden kann. So legte er Wert darauf, mindestens dreimal pro Woche zu trainieren und siebte alsbald auch den Kader aus: Die harten Trainingsanforderungen, besonders in physisch-konditioneller Hinsicht führten dazu, dass nur noch 13 Mädels für die Wettkampfmannschaft übrigblieben. Dieses Kollektiv mit dem Durchschnittsalter von 16,3 Jahren 1971 als die jüngste Mannschaft in der DDR. Die Mannschaft spezialisiert sich im variablen 3-3-4-System, einem typischen Offensiv-Fußball. Unsere Frauenmannschaft erfreute sich bei ihren Spielen in Babelsberg eines relativ starken Zuschauerzuspruchs von 1 500 Zuschauern durchschnittlich.

Es war Mertens Sportlichkeit, die sie zum Kreis dieser 13 Spielerinnen gehören ließ. Sie alle nutzten die zahlreichen Trainingseinheiten, um den hohen konditionellen und taktischen Anforderungen Schröders gerecht zu werden. Die sportliche Förderung der BSG Turbine Potsdam im Frauenfußball wurde durch den Betrieb ermöglicht, der den Spielerinnen den notwendigen Freiraum für Training und Spiele einräumte, wie Mertens sich erinnerte: Zu DDR-Zeiten da konntest du eben trainieren, da bist du freigestellt worden von der Arbeit und dann konntest du um 14 Uhr verschwinden und hast um 15 Uhr auf dem Platz Training gemacht, da wurdest du freigestellt für solche Sachen. Welche Firma, welches Unternehmen kann sich das heute leisten? Wir hatten das Energiekombinat und dort immer engagierte Leute in der BSG, den BSG-Vorstand und den BSG-Vorsitzenden, und Schröder hat da immer mächtig Dampf gemacht, und da hattest du immer deine Unterstützung. Schröder hat ja immer mehr für den Fußball gemacht, als dass er im Prinzip gearbeitet hat. Aber das war eben möglich.

Wenngleich diese Rahmenbedingungen im DDR-weiten Vergleich äußerst gut waren und auch von den Spielerinnen so wahrgenommen wurden, bedurfte es doch immer noch viel Energie und Engagement, diesen einmal geschaffenen Freiraum in einem Betrieb für den Trainingsbetrieb auch dauerhaft nutzen zu können. Schröder selbst war von Beginn seiner Laufbahn als Übungsleiter an darum bemüht, den Frauenfußball in Potsdam voranzubringen. Er vermochte für seine Frauen Bedingungen herauszuholen, die beinahe denen der Männer glichen, nicht zuletzt weil mit dem Energiekombinat Potsdam ein potenter Trägerbetrieb dahinterstand. In der Betriebszeitung schrieb er Mitte 1972 folgendes: Nach unserer Meinung ist der Beschluss des DFV der DDR, den Frauenfußball in die Kategorie Volkssport aufzunehmen, mit der Orientierung, die Spiele über die Bezirksebene nicht hinausgehen zu lassen, eine kritikwürdige Haltung, die sich für eine allseitige Leistungsentwicklung auf dem Gebiet des Frauenfußballs hemmend auswirkt. Ist der DFV der Meinung, dass der Frauenfußball nicht die nötige Qualität für höhere, auch internationale Vergleiche entwickeln kann? In der CSSR z. B. gibt es seit Jahren 2 Staffeln, Staatsliga und den Unterbau einer 2. Liga.

Bereits im ersten Jahr der Turbinen gab es internationale Vergleiche, dabei schlug die Mannschaft sogar die CSSR-Staatsliga-Elf von SC Karzin Prag mit 1:0. Grundlage der stetigen Weiterentwicklung war das konzentrierte Leistungstraining Schröders. Dieser war indes ebenso dankbar, dass Spielerinnen wie Carola Waldmann, Elke Stresow, Marita Retzki und Rosi Schulze bei Turbine spielten, deren Niveau dem von gleichaltrigen Jungen durchaus vergleichbar war. In der Folge setze sich der Turbinetrainer dann vehement dafür ein, dass der grüne Rasen auch im Bereich des Fußballs fortan nicht nur dem männlichen Geschlecht gehören sollte. In den Jahren bis zur DDR-Bestenermittlung perfektionierte Schröder sein Team: Er verschaffte sich einen sehr guten Überblick über die besten Spielerinnen in der DDR und lud sie als Gastspielerinnen für Freundschaftsspiele zur Turbine. Verliefen diese erwartungsgemäß, versuchte er sie von einem Wechsel – aus Karl-Marx-Stadt, Dresden oder Rostock – nach Potsdam zu überzeugen.

Auf diesem Weg kam auch Sabine Seidel mit dem Beginn der DDR-Bestenermittlung nicht nur als Gast, sondern fortan als feste Spielerin nach Potsdam. Die Turbinen absolvierten bis Mitte 1979 rund 100 Spiele. Schröder suchte sich weiterhin neue Orte, an denen die BSG Turbine noch nicht gespielt hatte und ließ sie gegen die besten bestehenden oder neu hinzukommenden DDR-Frauenmannschaften antreten. Unter anderem besiegten sie am 20. Juni 1975 vor 5.000 Zuschauern im Potsdamer Ernst-Thälmann-Stadion die Damen von Kovo Prag, den damaligen Vizemeister der CSSR. Ebenfalls 1975 sorgte Turbine für die Einführung der ersten Bezirks- Pokalrunde und anlässlich des Jubiläumsturniers der CSSR-Jugendzeitung Mlady Svet spielten sie im Herbst 1976 und 1977 in Üsti nad Orlici und in Prag.

Schon frühzeitig bemühte sich Schröder auch um den Nachwuchs. Wie die Brandenburgischen Neuesten Nachrichten im Dezember 1976 vermeldeten, hatte er Ende des Jahres ein Nachwuchstraining für Mädchen im Alter von zehn bis 14 Jahren eingerichtet. Trotz dieser Bemühungen ist festzustellen, dass es bis zum Ende der DDR keine gezielte Mädchenförderung im DDR-Frauenfußball gab.

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