Reaktionen des DFV in 1971 – Frauenfußball in der DDR
1960 haben die Frauen mit dem Fußballspielen begonnen, die großen Schritte folgten aber erst später. So entstand 1971 eine Frauenfußballmannschaft (BSG), die große Erfolge feierte. Im gleichen Jahr wurde die weibliche Sportart in die DFV-Spielordnung aufgenommen (Rubrik „Volkssport“). Ebenfalls 1971 brachte „Sport Aktuell“ einen Beitrag im Fernsehen, für die Popularität war es ein sehr wichtiger TV-Beitrag.
Innerhalb eines 56-sekündigen stummen Filmberichts mit bewegten Bildern wurde dem Zuschauer ein Spiel zwischen den Fußballerinnen von Grün Weiß Baumschulenweg und Einheit Treptow in Ost-Berlin gezeigt. Mitten in einem Wohngebiet sah man 22 Frauen auf einem Ascheplatz, die darum kämpften, das Runde ins Eckige zu bewegen. Neben diversen Spielszenen, in denen natürlich zu erkennen war, dass der Frauenfußball in Sachen Technik noch in den Kinderschuhen steckte, fiel auf, dass das Spiel – vorwiegend vom männlichen Geschlecht – sehr gut besucht war. Außerdem fand sich in der DEFA-Wochenschau Der Augenzeuge, die wöchentlich über die verschiedensten Themen, u. a. den Sport, in den DDR-Kinos berichtete, ein Beitrag mit dem Titel Zwischen Ball und Ballet. Der Damenfußball ist auf dem Vormarsch. Dabei wurden ein Training in Ost-Berlin und ein Meisterschaftsspiel in Prag präsentiert.
Auch wenn diese Beiträge nur kurz waren und zukünftig keine wöchentliche Berichterstattung folgte, muss der Frauenfußball in dieser Zeit für kräftige Diskussionen in der Fußballwelt gesorgt haben, v. a. bei den männlichen Mitgliedern der Sportbewegung. Die Fußballerinnen kamen von der Basis und waren für die Verantwortlichen des DFV entgegen den Gepflogenheiten der sozialistischen Sportführung auf einmal da. Die FUWO – die ja, wie bereits erwähnt, dem Frauenfußball eigentlich keinen Platz einräumte – stellte sich diesem Thema Ende Juni 1971 wie folgt: Der DFV der DDR hat sich unlängst mit Fragen des Damenfußballs beschäftigt. Die Kommission Volkssport ist beauftragt, alle Voraussetzungen für einen geregelten Wettspielbetrieb der fußballbegeisterten Mädchen und Frauen zu schaffen. Denn einige Änderungen, beispielsweise im Regelwerk, sind nicht zu umgehen. Fußball ist bekanntlich eine Sportart, die körperliche Härte und viel Einsatz verlangt. Dem stehen die Konstitution und Physis einer Frau entgegen.
Volkssportliche Wettbewerbe auf Kreisebene sollten den territorialen Rahmen für die Spiele unserer bestehenden Damenfußballmannschaften bilden. Es darf nicht zur Gewohnheit werden, dass die Begegnungen von fußballspielenden Damen zu einer wahren Reiseflut führen. Sie verstehen sicherlich, wie kostenaufwendig dann die ganze Angelegenheit wird. Hans Müller, der stellvertretende Generalsekretär unseres Verbandes, erläuterte das Problem: „Die Kreisebene ist der richtige Maßstab. Die fußballspielenden Mädchen und Frauen bringen viel Begeisterung für ihr neues Metier mit. Die meisten von ihnen treiben seitdem jede Woche Sport, da sie Mitglied einer Mannschaft wurden. Abfällige und ironische Bemerkungen zum Thema Damenfußball sind schon aus diesem Grund nicht angebracht. Und wenn die Damen ihr Herz für den Fußball entdeckt haben, dann ist dagegen nichts einzuwenden. Die Bereitschaft, in unserer Sportart zu wirken und mitzuarbeiten, ist lobenswert und nützlich. Ich weiß mich mit dieser Meinung nicht allein auf weiter Flur. Sicherlich denken viele Fußball-Männer auch so.
Der gleiche Vorbehalt des zu vielen Reisens betraf zu dieser Zeit auch die Laufbewegung, die sich spontan von unten gebildet hatte. Die Argumente, die der FUWO- Redakteur Otto Schaefer hier wiedergab, beschrieben zum einen die vorherrschenden Geschlechterrollen in der DDR, zum anderen offenbarten sie aber auch, dass dem Frauenfußball nur ein sehr begrenzter finanzieller Rahmen zugestanden wurde. Betrachtet man das Beispiel der vermeintlichen Reiseflut der Damen und der damit verbundenen
Bravo, Mädels!
Kosten, dann trat dies mit Sicherheit ein. Aber wieso sollte es einem Frauenteam untersagt bleiben, für ein Spiel von Rostock nach Potsdam zu reisen, wenn die Männer, egal ob DDR-Oberliga oder auf Bezirksebene, ebenso weit reisten und Kosten verursachten? Das zweite von Schaefer angeführte – historisch wohlbekannte – Argument berührte die Konstitution der Frau, die dem Sport nicht gewachsen sei. Bei dieser Darstellung wurde wohl eher unfreiwillig die Meinung der bundesdeutschen Fußballoberen aufgenommen, die in Gestalt des DFB 1955 den Damenfußball auf Vereinsebene verbandstechnisch verboten hatten.
Die Frauenfußballbewegung in der DDR musste sich in einem männerdominierten Sport durchsetzen. Obwohl der Artikel 20 Absatz 2 der DDR-Verfassung die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau in der DDR postulierte, spiegelte sich diese in der Berichterstattung zum Frauenfußball bis Mitte der 1980er Jahre nicht wider. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass in den ersten offiziellen Überlegungen des Fußballverbandes das Mitwirken der Frauen in dieser Sportart eher halbherzig als lobenswert und nützlich angesehen wurde. Dennoch gab es einige, wie jenen Leser der FUWO, die für den neuen Frauensport einen Lanze brechen wollten: Frau Dr. Israel, der Mannschaftsarzt unseres Meisters und Pokalsiegers, hat sich unlängst auch positiv zum Frauenfußball geäußert. Selbst habe ich vor einigen Jahren in der CSSR erstmals ein Frauenspiel gesehen und bin angenehm überrascht worden. Ich kann nur sagen: Volle Gleichberechtigung auf dem Fußballfeld.
Unbeeindruckt von den Vorstellungen des DFV spielten die Frauen (auf Großfeld) in Berlin, Karl-Marx-Stadt oder Finsterwalde Fußball, und die FUWO berichtete sogar noch in der gleichen Ausgabe darüber. Allerdings entging beiden Zeitungen der wohl erste große Auftritt von Fußballerinnen im Bezirk Zwickau. Während der Zielankunft der 9. Etappe der Friedensfahrt im Georgi-Dimitrov-Stadion fand am 15. Mai 1971 das Spiel der BSG Pentacon Dresden gegen die Damen der BSG Lok Werdau statt, das die Dresdnerinnen mit 6:0 gewannen. Überliefert ist das Spiel durch den ausführlichen Bericht der Sportredaktion der Betriebszeitung Der Brennpunkt von der VEB Pentacon Dresden: Beifall und Anerkennung brandete von den Rängen des Georgie-Dimitroff-Stadions auf, als unsere Spielerinnen das Feld verließen. Alle waren guter Stimmung. Sie haben die BSG PENTACON DRESDEN durch ihr Auftreten würdig am Etappenort Zwickau vertreten. Dafür möchten wir noch einmal allen unseren Spielerinnen ein Dankeschön sagen!
Für eine Reihe der aufgezeigten regionalen Anfänge des DDR-Frauenfußballs gehörte die Würdigung der Fußballerinnen innerhalb der betriebseigenen Presse traditionell dazu. Dies zeigt, wie wichtig und notwendig es war, dass die Fußballerinnen eine institutionelle Angliederung erfuhren.